Shwachman-Diamond-Syndrom (SDS)

Das Shwachman-Diamond-Syndrom (SDS) ist eine Erbkrankheit, die durch ein Knochenmarkversagen mit Verminderung der Zellzahl einer oder mehrerer Blutzellreihen (sog. Zytopenie), einer Störung der Bauchspeicheldrüsenfunktion (sog. exokrine Pankreasinsuffizienz), unterschiedliche angeborene Fehlbildungen (z.B. Kleinwuchs, Skelettfehlbildungen, Herzfehler, Störungen des Immunsystems, neurologische Auffälligkeiten, etc.) und ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines myelodysplastischen Syndroms (MDS) und einer akuten myeloischen Leukämie (AML) gekennzeichnet ist.

Die meisten Patient*innen mit einem SDS fallen bereits im ersten Lebensjahr mit einer Gedeihstörung durch die Pankreasinsuffizienz, Zytopenien und eine Infektanfälligkeit auf. Ein SDS kann aber auch bei älteren Kindern oder erst im Erwachsenenalter auftreten. Im Blutbild fällt bei den meisten Patient*innen eine Erniedrigung der neutrophilen Granulozyten (sog. Neutropenie) auf. Da die neutrophilen Granulozyten essentiell für die Abwehr von Infektionen sind, besteht bei SDS-Patient*innen mit einer Neutropenie ein erhöhtes Risiko für schwere Infektionen. Zudem können auch eine Blutarmut (sog. Anämie) oder ein Mangel an Blutplättchen (sog. Thrombozytopenie) bestehen. Die Pankreasinsuffizienz führt zu einer Störung der Nährstoffaufnahme (v.a. fettlösliche Vitamine), Fettstühlen (sog. Steatorrhoe) und einer Gedeihstörung.

Das SDS wird in circa 90% der Fälle durch biallelische Mutationen im Shwachman-Bodian-Diamond-Syndrom (SBDS)-Gen auf Chromosom 7q11 verursacht. Obwohl die Rolle des SBDS-Proteins noch nicht vollständig geklärt ist, wird angenommen, dass es eine wesentliche Rolle bei der Reifung der Ribosomen, die die Proteinfabriken der Zellen sind, spielt. Daher wird das SDS auch als sog. Ribosomopathie bezeichnet. Kürzlich wurden zudem Veränderungen in drei weiteren Genen (DNAJC21, ELF1 und SRP54) bei Patient*innen mit einem SDS-Phänotyp berichtet.

Bei Vorliegen von Zytopenien und einer exokrinen Pankreasinsuffizienz sollte eine weiterführende Diagnostik bezüglich eines SDS durchgeführt werden. Diese beinhaltet unter anderem eine Untersuchung der Pankreaselastase im Stuhl. Patient*innen mit SDS weisen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines MDS (myelodysplastisches Syndrom) oder einer Leukämie auf und benötigen daher im Verlauf Knochenmarkuntersuchungen, um das Knochenmarkversagen, aber auch frühe Hinweise für die Entwicklung eines MDS oder einer Leukämie zu diagnostizieren. Gegebenenfalls müssen auch andere Ursachen einer exokrinen Pankreasinsuffizienz (z.B. zystische Fibrose) oder eines Knochenmarkversagens (z.B. Fanconi-Anämie oder Dyskeratosis congenita) ausgeschlossen werden. Bei dringendem Verdacht auf ein SDS sollte eine genetische Untersuchung des SBDS-, DNAJC21, ELF1 und SRP54-Gens durchgeführt werden.

Die Behandlung von Patient*innen mit SDS sollte durch ein multidisziplinäres Team erfolgen. Die exokrine Pankreasinsuffizienz wird durch die Einnahme von Pankreasenzymen und fettlöslichen Vitaminen behandelt. Bei wiederkehrenden schweren Infektionen und einer schweren Neutropenie kann eine Behandlung mit Granulozyten-Kolonie-Stimulationsfaktor (G-CSF), das die Blutbildung im Knochenmark stimuliert, erwogen werden. Bei Vorliegen einer schweren Anämie oder Thrombozytopenie sind regelmäßige Bluttransfusionen notwendig. Zudem können angeborene Fehlbildungen durch Korrekturoperationen behandelt werden.

Aktuell ist eine Knochenmarktransplantation (sog. hämatopoetische Stammzelltransplantation oder HSZT) die einzige kurative Behandlung des Knochenmarkversagens, eines sekundären MDS oder einer Leukämie.

Regelmäßige Vorsorgeuntersuchung sind eine wesentliche Säule der Behandlung von Patient*innen mit SDS. Das Ziel dieser Vorsorgeuntersuchungen ist es, schwerwiegende Komplikationen früh zu erkennen und somit besser behandeln zu können. Dazu zählen vor allem regelmäßige Blutbildkontrollen und Knochenmarkuntersuchungen, um die Entwicklung chromosomaler Aberrationen, eines MDS oder einer AML auszuschließen. Ferner sollten Wachstum, Ernährung und die psychomotorische Entwicklung regelmäßig überwacht werden.

Das SDS ist eine Erbkrankheit, die meist durch die Eltern, die je nur eine Mutation im SBDS-Gen tragen und daher keine Symptome haben, vererbt wird. Daher sollten betroffene Patient*innen und deren Familienmitglieder eine humangenetische Beratung erhalten. Sind die Eltern Anlageträger einer SBDS-Mutation sollte auch die Geschwister unabhängig von den klinischen Symptomen bezüglich eines SDS untersucht werden.

Patient*innen mit SDS werden durch die Langzeitregisterstudie der GPOH und DGHO dokumentiert. Die Studie ist auf europäischer Ebene vernetzt in SDS-Europe und gleicht Daten mit Kollegen aus den USA ab.

Molekulargenetische Untersuchungen erfolgen im Diagnostik- und Forschungslabor dieser Studien.

Assoziierte Neoplasien

Patient*innen mit congenitalen Neutropenien und SDS haben ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines MDS und einer AML. Das Risiko für die Entwicklung chromosomaler Aberrationen, eines MDS und einer Leukämie liegen je nach Studie zwischen 15 % bis 20 %.

Bislang ist eine Knochenmarktransplantation die einzige kurative Behandlung für Patient*innen mit einem sekundären MDS oder einer Leukämie. Da sich die Prognose von Patient*innen mit einer sekundären Leukämie verschlechtert, besteht die derzeitige Strategie darin, Risikofaktoren für eine Leukämieentwicklung frühzeitig zu erkennen und eine Stammzelltransplantation durchzuführen, bevor sich die Leukämie entwickelt.

Link zu weiteren Informationen

Selbsthilfegruppe Deutschland: SDS Deutschland e.V.,  https://sdsdeutschland.de/

Selbsthilfegruppe Großbritannien: SDS UK, https://sdsuk.org/

Selbsthilfegruppe USA: SDS Foundation, www.shwachman-diamond.org

Kontakt

SCNIR Europazentrale und SDS Europe

Kinderklinik der Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neubergstr. 1, 30625 Hannover

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